Ein Fachkonzept als Leitstern für lebendige Geschäftsquartiere

„Städtische Zentren (…) sind die Mittelpunkte des urbanen Lebens und somit viel mehr als nur Orte des Einzelhandels. Ein dichtes Netz an funktionsgemischten Zentren, wie es Wien auszeichnet, macht eine Stadt daher lebenswerter und in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht robuster.“
(MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung Wien (2020): Fachkonzept Mittelpunkte des städtischen Lebens. S. 16.)
Das Fachkonzept hat das Ziel, die vielen lokalen Zentren zu stärken. Dazu gehören einerseits die bereits bestehenden Zentren (Agenda 1) – sowohl die großen als auch die vielen kleinräumigen urbanen Strukturen – und andererseits neu entstehende Zentrenbereiche (Agenda 2), die im Zuge der Stadtentwicklung gesteuert werden. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Steuerung des großflächigen Einzelhandels (Agenda 3). Das Projekt „Geschäftsquartiere Wien“ basiert auf Agenda 1 und konzentriert sich auf die Stärkung bestehender Zentren.
Bestehende Zentren stärken
Das zentrale Ziel ist, die Vielfalt der Wiener Zentren zu erhalten und weiter zu stärken. Es werden Prozesse und Vorgehensweisen definiert, um gemeinsam mit privaten und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie Bürger*innen Aufwertungsmaßnahmen umzusetzen. Das Fachkonzept definiert sechs konkrete Handlungsfelder für die Weiterentwicklung und Verbesserung bestehender Zentren:
- Erarbeitung von Entwicklungsleitbildern: Auch die Wiener Haupt- und Quartierszentren brauchen ein eigenständiges, attraktives Image.
- Lokale Ansprechpersonen und Umsetzungspartnerschaften für die Weiterentwicklung städtischer Zentren: Damit vereinbarte Ziele und Entwicklungsleitlinien kontinuierlich verfolgt und umgesetzt werden können, braucht es eine Person oder mehrere, die sich „kümmern“, Menschen und Institutionen vernetzen und Umsetzungspartnerschaften vor Ort aktiv unterstützen.
- Innovative Immobilienkonzepte ermöglichen und für die Entwicklung städtischer Zentren nutzen: Die Stadt sieht Unternehmen und die Immobilienwirtschaft als Partnerinnen in der Zentrenentwicklung und innovative Immobilienprojekte als Chance, die Zentren in ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Funktion zu stärken.
- Fokussierte Vergabe von Fördermitteln: Durch Ergänzungen und Adaptierungen in den Förderprogrammen soll verstärkt eine fokussierte Vergabe von Fördermitteln mit einer Priorisierung auf bestehende Haupt- und Quartierszentren erfolgen.
- Leerstandsvermittlung von Erdgeschoßlokalen – privat und öffentlich: Leerstand im Erdgeschoß beeinträchtigt das Erscheinungsbild von Zentren und Geschäftsstraßen, gleichzeitig wird die Angebotsvielfalt reduziert, was sich zusätzlich negativ auf die Attraktivität für Kundinnen und Kunden auswirkt.
- Sicherstellung einer qualitätsvollen und attraktiven Erdgeschosszone bei Neubauten: Das Erdgeschoß entscheidet wesentlich über die Wahrnehmung und Qualität eines Orts und des öffentlichen Raums. Bedeutsam für die Attraktivität und langfristige Sicherung von Zentren und Geschäftsstraßen ist der Erhalt von Geschäftslokalen im Erdgeschoß im Zuge von Sanierungen und Neubauten. (vgl. ebd., S. 46ff.)

Die Auswahl der Geschäftsquartiere
Das Fachkonzept beinhaltet auch ein räumliches Leitbild, das zwischen drei Stufen der Zentrenhierarchie unterscheidet: Metropolzentren mit überregionaler Bedeutung, Hauptzentren mit regionaler Bedeutung und Quartierszentren mit lokalem Einflussbereich. Insgesamt wurden 47 Zentren identifiziert und Handlungsschwerpunkte für diese eingeschätzt.
Die Wirtschaftsagentur Wien und die Wirtschaftskammer Wien wählten schließlich gemeinsam sechs solcher Zentren mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten und Herausforderungen als Zielgebiete für das Projekt Geschäftsquartiere aus. Diese sind fünf Hauptzentren (Praterstraße, Hernalser Zentralbereich, Favoritenstraße, Simmeringer Hauptstraße und Zentrum Floridsdorf) und ein Quartierszentrum (Döblinger Hauptstraße), alle aus der „Kategorie A“, also mit größerem Handlungsbedarf bezüglich Stärkung und Erneuerung.
Seit Ende 2023 werden diese Zentrengebiete durch das Team Geschäftsquartiere betreut. Damit wird auf Handlungsfeld 4, die fokussierte Vergabe von Fördermitteln, eingegangen. Die Geschäftsquartiere können als gesamthaftes Fördermodell für die jeweiligen Zentren verstanden werden. Auch in der Umsetzung des Projekts dient das Fachkonzept „Mittelpunkte des städtischen Lebens“ dem Team als Grundlage und Richtschnur. Die Quartiere als bestehende Zentren zeichnen sich durch ihre Individualität aus, die jeweils herausgearbeitet wurde (Entwicklungsleitbilder, Handlungsfeld 1) und jetzt gemeinsam mit den lokalen Akteur*innen weiter gefördert und gestärkt wird (Lokale Ansprechpersonen und Umsetzungspartnerschaften, Handlungsfeld 2).

Vom Papier ins Quartier
In den nächsten Wochen und Monaten werden die ersten größeren Maßnahmen sichtbar. So setzt das Quartier Favoritenstraße Maßnahmen aus der Strategie zur Image-Aufwertung um. Das Quartier Praterstraße bereitet die Lange Nacht der Praterstraße im Mai und einen Social-Media-Auftritt vor. Und das Quartier Döblinger Hauptstraße arbeitet intensiv an einer Service-Offensive, welche die Bandbreite der Leistungen und Services sichtbar macht und „die Döblinger“ als lokale Versorgerin etabliert.
Man sieht: Der Weg vom Stadtentwicklungskonzept bis zu sichtbaren Erfolgen auf lokaler Ebene ist langwierig, aber nachhaltig. Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen aus den Fachkonzepten trägt gezielt zur Weiterentwicklung Wiens bei und stärkt die Stadt langfristig – für mehr Lebensqualität.
Quelle: MA18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung Wien (2020): Fachkonzept Mittelpunkte des städtischen Lebens.